Freitag, 2. Juli 2010

Das Ende naht oder nach der Reise ist vor der Reise

Wir wollen es eigentlich gar nicht wahrhaben und können es kaum glauben, aber das Ende unseres kleinen Abenteuers kommt mit Riesenschritten auf uns zu und lässt sich nicht mehr verleugnen. DAS SOLLEN SECHS MONATE GEWESEN SEIN? Zugegeben, nach 2/3 der Reisezeit hatten wir kurzweilig ein Tief, aber das gehört zu einer so langen Reise wohl auch dazu - man hat seine Höhen und Tiefen. Die Höhen haben bei uns eindeutig überwogen (sagen wir mal 99:1), der Gedanke vorzeitig nach Hause zu fahren ist uns nie gekommen. Alle Mühen die wir hatten sind mehrfach belohnt worden und eigentlich nicht nennenswert. In erster Linie haben wir unseren Traum über einen längeren Zeitraum zu Reisen sechs Monate lang gelebt und in vollen Zügen genossen, in zweiter Linie haben wir Anregungen für die Zukunft gesammelt.
Unterwegs sind wir immer wieder gefragt worden - und wahrscheinlich werden wir diese Frage nach unserer Rückkehr auch noch öfters gestellt bekommen -, wo es uns denn am besten gefallen hat. In unseren Gesprächen sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir uns eine andere Frage stellen müssen, denn gut gefallen hat es uns überall und wir haben uns in allen Ländern sehr wohl gefühlt. Die Frage die wir uns eher stellen würden ist: Wohin möchten wir noch einmal kommen?
Indien steht ganz oben auf unserer Liste. Das Land, die Menschen, die Kultur, die Gegensätze, die Gerüche, das Schöne und das Hässliche - einfach alles ist unbeschreiblich spannend und faszinierend. In Indien kamen wir aus dem Staunen nicht heraus, dieses Land lässt sich nur schwer erklären, Indien muss man erleben.
In Südostasien haben wir einiges gesehen und wenn wir noch unendlich viele Reisen zur Verfügung hätten, würden wir bestimmt noch einige Male in diese Region fahren. Da dies aber leider nicht möglich ist, werden zukünftig wahrscheinlich andere Destinationen Vorrang haben. In Thailand waren wir nur kurz, aber Bangkok ist eine Stadt in der wir uns vorstellen könnten zeitweilig zu leben. Laos ist noch unberührt schön, die Menschen sind zurückhaltend aber ausgesprochen freundlich. Angkor Wat in Kambodscha ist so mystisch und einzigartig, die Besichtigung der Tempelstadt können wir nur weiterempfehlen. Die Plätze die wir bei unserem nun schon zweiten Aufenthalt in Vietnam besucht haben, haben uns auch diesmal wieder sehr gut gefallen, aber die zeitweise aggressive Mentalität von im Tourismus beschäftigten Vietnamesen ist uns negativ in Erinnerung geblieben. Was schade ist, denn Land und Leute haben viel zu bieten. Singapur ist eine klassische Transitstadt, aber wenn wir wieder einmal irgendwohin über Singapur fliegen sollten, werden wir gerne wieder ein, zwei Tage in der Stadt verweilen. Insgesamt haben wir in Südostasien viele neue und unvergessliche Eindrücke gesammelt, rückblickend war das Reisen in dieser Region aber auch am anstrengendsten und nervenaufreibendsten.
Sydney und Melbourne sind beeindruckende Städte - für ein verlängertes Wochenende leider etwas zu weit weg. Die Landschaften in Australien sind einzigartig, das Meer und die Strände haben uns hier am besten gefallen, wir haben Tiere in freier Wildbahn gesehen, die man sonst nur im Zoo beobachten kann, weil sie in keinem anderen Land außer Australien zu Hause sind (leider waren auch viele Tote am Straßenrand dabei). Hier hatten wir aber auch unseren ersten und einzigen Hänger. Dieses Land (d.h. alles was wir gesehen haben, abgesehen von Sydney, Melbourne und ein paar -Orten an der Ostküste) ist einfach unglaublich einsam und monoton - etwas langweilig könnte man auch sagen. Aus diesen Gründen, aber auch weil Australien einfach extrem weit weg ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir noch einmal nach Australien fliegen werden, eher gering.
Samoa war der perfekte Stopp zwischen Australien und Amerika, wir konnten noch einmal etwas exotischere Luft schnappen und hatten etwas gemütlicheres Südsee-Leben und die damit verbundene Erholung nach über 10.000km Autofahren in Australien wirklich nötig. An manchen Orten muss man zur richtigen Zeit sein und das waren wir in Samoa. Wir haben uns von der samoanischen Trägheit anstecken lassen, ein paar Gänge bis in den Leerlauf runter geschalten und es uns richtig gut gehen lassen. Normalerweise können wir im Urlaub nicht so lange still sitzen und Samoa wäre uns eine Spur zu gemütlich, aber nach mehr als vier Monaten unterwegs hat Samoa sehr gut gepasst. Ansonsten gilt für die Südsee aber leider genau das Gleiche wie für Australien: sie ist einfach zu weit weg.
In Amerika sind wir derzeit ja noch unterwegs - wir sind begeistert - und da wir unser Programm für die letzten Wochen etwas runtergeschraubt haben und es Zuviel gibt was wir noch nicht gesehen haben, gibt es für die USA ein eindeutiges "Ja wir kommen wieder". Die vielen Klischees über Amerikaner, die sich auch in unseren Köpfen eingenistet haben, treffen überhaupt nicht zu, wir haben hier eine gute Zeit und treffen auf viele tolle Leute. Natürlich sind wir zur Zeit im liberalsten Bundesstaat unterwegs, aber der macht uns Lust auf mehr. Unsere allerletzten Tage werden wir in Chicago verbringen. Bis jetzt haben wir noch niemanden getroffen, der uns nicht von Chicago vorgeschwärmt hat, wir gehen daher davon aus, dass es ein würdiger Abschluß wird.
Unterwegs ist uns aber auch bewusst geworden, dass wir sehr gerne in Europa leben. Europa ist vielfältig und abwechslungsreich, es ist ein absoluter Luxus in so kurzen Entfernungen so unterschiedliche Kulturen erleben zu dürfen. Nicht, dass wir das nicht schon vorher gewusst haben, aber aus der Distanz sieht man manches noch deutlicher.
Und was würden wir beim nächsten Mal anders machen? Eigentlich nicht viel, wir sind mit der Wahl der Länder und der zeitlichen Aufteilung innerhalb der verschiedenen Regionen nach wie vor zufrieden. Aber ein bisschen etwas macht man beim zweiten Mal ja immer anders und wir haben für uns herausgefunden, dass wir nicht wirklich die Wohnmobil-Typen sind. Nicht, dass wir das nicht schon vorher geahnt hatten, aber wir hatten geglaubt, dass wir so einige Kosten einsparen können, was aber nicht unbedingt der Fall war. Die Vorteile des Wohnmobil waren, dass wir uns mal wieder selber etwas zum Essen zubereiten konnten, dass wir nicht mehr aus dem Rucksack leben mussten und mehrere Nächte hintereinander im selben Bett geschlafen haben. Die Nachteile sind, dass vor allem in Amerika die Stellplätze teuerer als erwartet waren, dass die Stellplätze meistens außerhalb der Ballungsräume sind, dass die Betten im Wohnmobil auf Dauer auch nicht bequem sind und das vor allem in Australien am Land mit Einbruch der Dunkelheit (ca 18:00) sich das Leben nur noch innerhalb der Wohnmobile oder Häuser abspielt. Insgesamt, wäre zumindest in Amerika ein Auto mit einem Zelt für die Aufenthalte in den Nationalparks sinnvoller gewesen. Denn die Motels sind nicht wesentlich teurer als Campingplätze und machen meistens einen guten Eindruck.
Vor nun etwas mehr als sechs Monaten haben wir ungeduldig auf diese Reise hin gefiebert, haben uns dabei gar nicht vorstellen können, wie es sein wird für so lange Zeit Tag für Tag unterwegs und an verschiedenen Orten zu sein. An das Leben als Reisende haben wir uns schnell gewöhnt und hatten schon bald das Gefühl nie etwas anderes gemacht zu haben. Eine bessere Entscheidung als unseren Traum wahr werden zu lassen, haben wir nicht treffen können. Jetzt freuen wir uns Euch alle nach so langer Zeit wiederzusehen und sind schon gespannt was wir in Wien alles Neues entdecken werden. Die Vorstellung wieder in den Alltag einzutauchen, jeden Tag am gleichen Ort aufzuwachen und an den gleichen Plätzen zu sein, ist jedoch noch sehr blass und unwirklich. Aber wie heißt es so schön, man soll dann aufhören, wenn es am besten ist und wir könnten locker noch ein paar Monate anhängen :-).